Frankfurter Allgemeine Zeitung

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.12.2013, Nr. 295, S. 15, Autorin: Christine Scharrenbroch
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Das Ladenlokal auf der Kölner Friesenstraße fällt auf: alte Dielen, hohe Holzregale, ein antiker Sekretär, an der Decke Stuckverzierungen und ein Kronleuchter. Mit seinem Label John Crocket setzt Inhaber Thomas Schmitz auf klassische britische Mode. Die Kaschmirpullover kommen aus Schottland genauso wie der Tweedstoff für die Sakkos, die nach eigenen Entwürfen in der Türkei genäht werden. Verkauft wird die Mehrzahl der Kleidungsstücke jedoch nicht mehr im Laden, sondern über den 1997 gestarteten Online-Shop.
"Wir haben viele Kunden in Hamburg, in Süddeutschland und im Osten", sagt der 55 Jahre alte Schmitz. Auch aus Österreich und der Schweiz kämen Bestellungen. Während seines Studiums in Irland entdeckte der Volkswirt einst sein Faible für den britischen Modestil. Aus dem Kofferraum seines Autos heraus verkaufte er die ersten Pullover an Freunde. 1987 eröffnete Schmitz in Köln sein Geschäft, später folgten Ableger in Bonn und Düsseldorf.
Im Zuge der Verteuerung des britischen Pfunds musste er 1997 den Laden in Düsseldorf, in der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 dann auch die Bonner Filiale schließen. Stattdessen setzte Schmitz stark auf den Onlinehandel.

Inzwischen stammt sein einstelliger Millionenumsatz zu drei Vierteln aus dem Netz. "Online ist unsere Zukunft", sagt Schmitz. Kein Gedanke derzeit, neben dem Kölner Geschäft nochmal Filialen zu eröffnen. "Die Miet- und Personalkosten sind einfach zu hoch."
... "Auch kleinere Händler müssen ihre Produkte online zeigen", sagt Kai Hudetz, Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung (IFH) in Köln. Zwar sei es angesichts der großen Konkurrenz durch die reinen Online-Anbieter für sie schwierig, noch eine Nische zu finden, die den ganz großen Umsatz verspricht. ... Allein in Sachen Kundenbindung sei eine Internetpräsenz aber nötig, sagt Hudetz. Bekanntermaßen wollten sich viele Kunden vor dem Kauf im Geschäft online informieren. "Wenn ein Händler nicht mit einem Online-Shop im Internet aktiv ist, sieht es schlecht aus", bringt es Gerrit Heinemann, der das eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein leitet, auf den Punkt.

Der stationäre Handel lasse sich von den reinen Internethändlern "die Butter vom Brot nehmen". Unter starkem Druck sieht Heinemann erwartungsgemäß die Anbieter in den besonders vom Online-Wettbewerb betroffenen Segmenten: Beim gedruckten Buch schätzt Heinemann den Online-Anteil auf bis zu 40 Prozent, bei Elektronikartikeln auf fast 30 Prozent und bei Spielwaren und Schuhen auf je ein Viertel.
Inzwischen betreiben laut IFH knapp 30 Prozent aller Händler hierzulande einen eigenen Web-Shop. ... Auch bei kleineren Händlern mahnt Internetexperte Heinemann die Verknüpfung von Offline- und Online-Geschäft an. "Beide Kanäle müssen intelligent verknüpft werden, dazwischen gibt es keine Trennlinie mehr". Die Briten seien in dieser Hinsicht weiter: "Da steht der Kunde mit dem Smartphone im Laden und fragt die Produktinfos ab."